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St. Johannes Schützenbruderschaft Atteln e.V. 1710

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    Schützenverein Atteln
    Geschichte

Die Geschichte der St.-Johannes-Schützenbruderschaft Atteln

Ursprünge der Bruderschaft vor 1710

Machen wir eine kleine Reise in die Zeit vor 1710. Da gibt es die kleine Landpfarrei St. Achatius Atteln im Altenautal. Grundeigentümer war bis zum Ende des 16. Jahrhundert das Kloster Abdinghof in Paderborn. Anschließend ging der Besitz an das Paderborner Domkapitel. Die Dorfbewohner waren zunächst dem Kloster, dann den Paderborner Domherren abgabepflichtig. Jeder gab seinen Zehnten. Es war eine arme Gegend. Die Flächen auf der Paderborner Hochfläche mit den Kalkböden brachten wenig Ertrag. Der größte Teil der Höhen war bewaldet. Teilweise verschwanden sie erst um 1916 wie auf den Höhen des Hainbergs. Die Flächen waren überwiegend mit Weiden bedeckt. Nur hier im Tal gab es fruchtbare Bereiche. Die Menschen waren arm. Es war bis ins 18. Jahrhundert eine unsichere Zeit. Fehden zwischen den örtlichen Grundeigentümern, Kriege zwischen vielen deutschen Fürstentümern, Glaubenskriege aber auch Raubritter und Räuberbanden verunsicherten das Paderborner Land, so auch das Altenautal. Vor diesem Hintergrund bildeten sich zum Schutz kirchlicher Veranstaltungen wie Gottesdiensten, Prozessionen und Wallfahrten im 15. bzw. 16. Jahrhundert zur Gefahrenabwehr bewaffnete Schützenvereinigungen, so auch in Atteln. Diese Schützengilde dürfte auch damals schon dem hl. Johannes dem Täufer geweiht gewesen sein. Wollte man sich aber wirklich verteidigen können, war eine Grundausbildung im Umgang mit Waffen erforderlich. Daraus entstand das Bedürfnis, sich im Kampf mit anderen zu messen. Das Schießen mit Bogen, Armbrust und später mit Feuerwaffen war vermutlich das Beliebteste. Hieraus entwickelten sich im Laufe der Jahre die Schützenbruderschaften, so auch in Atteln. Bisher sah man den Ursprung in Bürgerwehren zur Verteidigung. Neuste Erkenntnisse bestreiten dieses jedoch mit dem Hinweis, das die Staaten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen zunehmend staatliche Strukturen annahmen, so auch im Fürstbistum Paderborn. Hierzu zählte natürlich auch die Aufstellung fester Verbände zur Verteidigung dieser Territorien aber auch dem Kampf gegen Räuberbanden und dem auslaufenden Raubrittertum. Das schließt jedoch nicht aus, dass diese Schützengilden und Bruderschaften im Einzelfall zur Verstärkung eingesetzt wurden.

Verbot durch den Landsherrn 1673

Warum aber die Wiederzulassung bzw. die Wiedergründung der Bruderschaft im Jahre 1710? Man schrieb das Jahr 1673. Zum Patronatsfest St. Achatius weilte Vizepropst Wilhelm-Franz von Vittinghoff-Schell als Vertreter des Paderborner Fürstbischofes Ferdinand II. von Fürstenberg (1661 bis 1683) zur Visitation, er sollte nach dem Rechten sehen, in Atteln. Den Mittelpunkt dieses Tages bildete traditionell eine festliche Sakramentsprozession. Solche Prozessionen dauerten damals üblicherweise den ganzen Tag. Wie schon zuvor gesagt, die Menschen im Altenautal waren arm. Zu essen gab es oft nur wenig. Dennoch mussten die Prozessionsteilnehmer verpflegt werden. Es gab keine Würstchen und Bierstände wie bei einer heutigen Wallfahrt. Die Menschen mussten sich Ihre Verpflegung selbst mitnehmen. Die Prozessionen legten an einigen Gebetsstationen Pausen ein, um ihre dürftige Verpflegung zu sich zu nehmen. So auch die zu Schutz der Prozession bestimmten Männer. Diese Schützen aber hatten der flüssigen Verpflegung in Form von hochprozentigem Branntwein den Vorzug gegeben. Auch wenn es wenig zu Essen gab, fand sich doch immer etwas um Schnaps zu brennen. Dieser Branntwein entfaltete nun in einer Pause seine Wirkung. Niemand hat es überliefert, aber irgendwie fielen unkontrollierbare Schüsse. Der Vertreter des Landesherrn vernahm dieses und berichtete es dem Fürstbischof. Darüber hinaus wird von ausschweifenden Festen und Trinkgelagen berichtet. Der Bischof hob auf Grund dieser Ausschweifungen die Attelner Schützenbruderschaft auf.

Die St.-Johannes Bruderschaft 1710 bis 1978

Ruhte nach dem Verbot von 1673 nun das Schützenwesen in Atteln wirklich? Als Ersatz für die Schützenbruderschaft wurde eine Sakramentsbruderschaft geschaffen, die möglicher Weise einige Aufgabe der Vorgänger übernahmen. Doch es bleibt die Frage: Wer schützte nun Gottesdienste, Prozessionen und sonstige kirchliche Veranstaltungen? Überliefert ist uns leider nichts. Es ist jedoch zu vermuten, dass es eine lose Vereinigung gab oder die Sakramentsbruderschaft, die unter Duldung durch den örtlichen Pfarrer, Aufgaben der Schützen in den folgenden 37 Jahren übernommen hatten. Oder übernahm gar die vorher genannte Sakramentsbruderschaft diese Aufgabe?

Wiedergründung 1710

Die Zustände in Deutschland und im Fürstbistum Paderborn am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts führten am 4. Februar 1710, dem Tag vor dem Fest der hl. Agatha (Patronin unseres Dorfes), unter strengen Auflagen zur Wiedergründung der Schützenbruderschaft. Was mit der 1673 gegründeten Sakramentsbruderschaft geschah, ist nicht überliefert. Es ist anzunehmen, dass sie in der neuen Schützenbruderschaft aufging. Mit 22 Artikeln regelte die Stiftungsurkunde Pflichten, Rechte der Mitglieder und Strafen bei Verfehlungen. Das Wirken der wiedergegründeten Bruderschaft stand unter der Überschrift „zu höchster Glorie des Allerhöchsten, zu Ehren des Hl. Johannes des Täufers und zur Vermehrung christkatholischer Andacht“. Diese Gründungsurkunde wurde von Dompropst und Domdechant Ferdinand Freiherr von Plettenberg im Auftrag des Fürstbischofes Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht (1704 bis 1710) unterschrieben und besiegelt.

Die Stiftungsurkunde im Wortlaut:

Die genaue Abfassung dieses Schriftstückes ist in Wort und Buchstaben getreu wie folgt: zum öffnen klicken

In Gottes Nahmen. Amen.
Kund und zu Wissen sey hiermitt jedermänniglichen; demnach die Attelsche Eingeseßene zu höchster Glorie des Allerhöchsten, zu ehren des Heyl. Joannis Baptistae, und Fortpflantzung auch Vermehrung Christ-Catholischer andacht seint bewogen worden, fraternitatem (Brüderlichkeit) St. Joannes Baptistae anzufangen, und selbige ehrlich zu wollenführen bey sich beschloßen; Alshaben ged. Joannisbrüder ein solches Sr. Hochwürd. und Hochwollgeb. Gnädigen Herrn Ferndinandten Freiherrn von Plettenberg, der hohen Thumbstifter zu Paderborn und Münster respee‘ Thumbpropsten und Thumbdechanten unterhänig zu erkennen gegeben, auch dabey instendig, undt gehorsambst gebetten, daß die hiernegst gesetzten Articuli gnädig confirmirt werden mögten:

  • 1. Welcher in dieser St. Joannis Brüderschaft will auf- undt angenommen werden, selbiger soll mit seiner Frau einen aufrichtigen Wandel und Leben geführt haben, daß dagegen nichts geringste zu sagen und zu tadtlen sey.
  • 2. Würde einer dem anderen etwas ehrenrühriges vorwerfen, alsdann zu seiner Verthätigung soll ihm vom Richter eine sichere Zeit angesetzet werden; würde Er aber wehrender Zeit sich nicht verthätigen, so soll derselbe auf vorherigen des Herrn Thumbdechantens (Domdechant) gnädigen Befehl außgeschloßen undt ein ander an deßen Platz angenohmen werden.
  • 3. Zu ehren St. Joaniss Baptistae soll alle Sonn- und Feyertage unter wehrenden Ambt der heyl. Meße ein wachslicht zur rechten Zeit angezündet und außgelöscht werden.
  • 4. In Festo Corporis Christi, den folgenden Sontag undt festo St. Achaty wie auch Sti. Joannis soll ein jeder Bruder ehrbar mundiert, mit seinem eigenen gewehr erscheinen, undt die Proceßion biß zum endt begleithen, bey straf ein Pfund Wachß
  • 5. So offt sanctihsimum Venerabile per coemeterium getragen wirt, auch Dominica prima menhis ein solches geschicht, soll ein jeder Bruder ordentlich folgen undt nicht außbleiben bey straf eines halben pfundts wachß, worauf die beiden Bruderschafts- Knechte acht haben sollen.
  • 6. Bey jedweder Station außerhalb dem Dorf soll von der Bruderschaft Feuer auf einmal gegeben werden, welcher von denen Brüderen wird vor- oder nachplacken, selbiger soll drey Schillinge zur straf geben.
  • 7. Wehrender Proceßion soll keiner mit dem anderen nicht rehden, oder auf anderley weise einige ärgernüße geben, bey straf ein Pf. wachßes.
  • 8. An welchen tagen die Proceßion gehalten werden, soll keiner sich vorhero mit Brandtwein anfüllen, auch wehrender proceßion ahn den Stationen von seinem gewehr nicht abgeben und in den Dörferen Brandtwein trinken. Bey straf halb Pf. Wachß.
  • 9. Ein jeder Bruder soll in der procehsion in guther ordtnung mit andacht gehen, andächtig betten, oder geistliche Lieder singen – Bey Vermeidung voriger straf.
  • 10. Postridie St. Joannis Baptistae (d.h. am Tage nach dem Feste des hl. Johannes) sollen alle und jede Brüder der jährlichen Seehlenmeß vor die abgestorbenen Brüder undt Schwestern bey straf eines Pfd. wachß beywohnen, undt das hochheyl. opfer mit dem priester vor denen in Gott ruhenden sehlen dem Allmächtigen aufopfern, undt das mit gebührender andacht – bey Vermeidung eines halben pfundts wachß straf.
  • 11. So oft einder auß der Bruderschaft, deßen Frau oder Kindern versterben würden, soll der jüngster aus der Bruderschaft daß Kreutz undt die anderen, so dazu bestellet werden, die Fackeln und das Leichnahmb tragen, die übrigen aber den Leichnahmb begleitenbiß an seinen ruheplatz; welcher außbleibt, soll fünf Schillinge zur straf geben.
  • 12. Sollte aber Einer oder ander zu lang außbleiben, undt dadurch eine Confusion geschehen würde, soll derselbe drey Schillinge zur straf erlegen,
  • 13. Bey Abhaltung der sechswochigen Seehlenmeße soll ein jeder Bruder gleichfalß bey Vermeidung voriger straf erscheinen. –
  • 14. Das schwarze Todtenwandt soll in des Richters hause woll verwahrlich aufbehalten werden. Wer solches brauchen will, soll jedesmal zwei Groschen davonerlegen, welche der Bruderschaft jährliches berechnet werden sollen, undt derjenige, gemeldetes Todtenwandt gebrauchet, soll solches sauber und rein wiederliefern, bey straf drey Schillinge.
  • 15. Nach geschehenem Trommenschlag soll ein feder alßbald vor des Richters hause mit seinem gewehr erscheinen, das Fähnlein abholen, undt nach geschehener Procehsion selbiges dahin wieder überliefern, bey straf drey Schillinge
  • 16. In aus- undt einmarschiren aus- undt in den Dorf soll ein jeder in guhter ordtnung gehen, kein geschrey noch andere Insolentinn machen, bey straf sieben Schillinge.
  • 17. Wehrender Proceßion soll keiner sein gewehr lösen, alß bey denen Stationen wie obbeschrieben, bey straf eines halben Thalers. –
  • 18. Vor undt nach gehaltener Procehsion undt wann zum Scheibenschießen gegangen wirdt, soll keiner im Dorf, um Verhütung eines Unglücks sein gewehr losschießen bey straf fünf Goldtgulden. Thumbkapitell reserviert.
  • 19. Welches Scheibenschießen auf St. Joannis-Tag geschehen, alßdan einen huht oder ein paar hanschen sollen außgesetzet werden, wobey die Brüder sollen guhte ordtnung halten im Hin- und Zurückmarschiren, bey straf sechs Schillinge
  • 20. Bey welchem Scheibenschießen ein Drieling Bier, um den Durst nuhr zu löschen, soll verschenket werden, bey welcher oder anderer Zusammenkünften soll keiner Tuback rauchen – bey drey Schillinge straf. –
  • 21. Wer bey der Zusammenkunft mit einem anderen streitigkeiten anfangen wirt, soll mit sechs Schillinge gesucht werden, sollte aber Er sich verkühnen einzuschlagen, alsdan soll Er einen halben Thaler zu erlegen schuldig, übrige straf aber einem Hochwürd. Thumbkapitell reservirt seyn, undt von den Richter eingebracht werden. –
  • 22. Was einem jeden auß den Brüdern von dem oberen befohlen wird, undt Er selbiges zu thun schuldig ist, demselben soll Er treulich nachkommen; sollte in ohnverhofften fall Einer befunden werden, welcher erstlich mit guhten Worten, nachgehendts mit geldt oder anderen Strafen sich nicht wolte corrigiren laßen, selbiger soll alsdann der Bruderschaft entsetzet werden. –
Hierauf haben Ihre Hochwürd. und Hochwohlgeboren Gnäd. Herr Thumbdechandt Freiherr von Plettenberg obbeschriebene Verordtnung in allen ihren Puncten und Clauseln, salvo jure R. Capituli, confirmiret, Thun auch solches hiermitt also und dergestalt, daß dieselbe von denen Joannisbrüder gehöriger maßen eingefolget werden sölle, bey Vermeidung darin vermeldeter ohnnachläßiger strafen. – Uhrkundtlich Eines Hochwürd. Thumbkapitels gewöhnlichen Insiegelß undt hochgndl. Ihrer Hochwürdigen Gnäd. Handtzeichens. Signatem Paderborn den 4 ten Monaths Februarii 1710.
gez. Ferdinandt Freiherr von Plettenberg

Diese 22 Artikel wurden sehr streng überwacht. Dazu bestimmte man einen Richter, den Vorstand und zwei Bruderschaftsknechte. Die Knechte waren für die Einziehung der Strafen in Geld oder Wachs zuständig. Die Höchststrafe von 5 Goldgulden stand auf das unachtsame Abgeben eines Schusses vor und nach einer Prozession sowie beim Gang zum Scheibenschießen. Diese Strafgelder gingen direkt an das Paderborner Domkapitel. Insgesamt handelte es sich gerade mit Blick auf die damaligen Einkommensverhältnisse um drakonische Strafgelder. Das zuvor genannte Gremium war zudem auch für die Schlichtung von Streitigkeiten untereinander zuständig. Die höchste Instanz zur Schlichtung jedoch war der Paderborner Domdechant. Aber es wurde auch der Umgang mit Waffen trainiert. Schließlich sollte ja die Verteidigung gesichert werden. Zur Übung mit dem Umgang mit Schusswaffen fand jedes Jahr am 24. Juni, dem Johannestag, ein Scheibenschießen statt. Es war zudem immer ein besonderes Fest und bildete einen besonderen Höhepunkt im Jahresverlauf im Dorf. Das Fest begann mit einem von Musik begleiteten Festmarsch zum Schießplatz. Jeder Schütze hatte mit seinem eigenen Gewehr drei Schuss auf eine Scheibe abzugeben. In einem Stechen unter den besten Schützen wurde der Sieger, der Schützenmeister, ermittelt. Später kam hierfür die Bezeichnung Schützenkönig auf.

Festablauf genau geregelt

Aber auch der weitere Festablauf war geregelt, besonders der Getränkeausschank und -genuß. So schrieb der Artikel 20 vor wie viel Bier aus der Schützenkasse ausgegeben werden solle um nur den Durst zu löschen. Ein Drilling, das entspricht etwa 105 Liter, Bier wurde aus der Kasse an die Schützen ausgeschenkt. Jeder Schütze bekam den gleichen Anteil am Getränk. War jemand krank, so wurde ihm das Bier nach Hause gebracht. Mit dem Bier musste sparsam umgegangen werden. So wurde streng darauf geachtet, dass nichts verschüttet wurde. Wer mehr vergoss als er mit seinem Fuß bedecken konnte, musste mit einer Strafe rechnen. Hatte sich ein Schütze zu sehr betrunken, musste er nach Hause gehen. Darüber hinaus durften keine Fremden in diese Gesellschaft mitgebracht werden und mit diesem Getränk versorgt werden. Wer einen Gast mitbringen wollte, hatte ein vorab festgesetztes Zehrgeld zu zahlen. Aber auch weitere Verhaltensweisen wurden genau geregelt. So durfte ein Schütze nur mit seiner Frau zum Fest erscheinen. Sie hatten in ehrbaren Kleidern zu kommen. Der Schütze musste den 1. Tanz mit seiner Frau ausführen. Zudem war es verboten, das er dreimal hintereinander mit ein und derselben anderen Frau tanzte. Er war weiterhin verboten, mit provozierenden und beleidigenden Reden zu reizen und so Streitigkeiten auszulösen. Wer einen anderen Schützenbruder beleidigte und sich nicht in einer vorgegebenen Zeit entschuldigte, wurde vom Domdechanten aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Dafür konnte jemand anderes aufgenommen werden. Streng verboten war bei diesen Zusammenkünften jedoch der Tabakgenuss. Wer beim Rauchen ertappt wurde, hatte drei Schilling Strafe zu zahlen. Da die Schützen nicht bis in die Nacht feiern durften, hatte der so genannte Bruderschaftsknecht spätestens um 22.00 Uhr auf Befehl des Capitains den Bierzapfen zu verschließen. Die besondere Verbindung der Schützenbrüder untereinander wurde im Todesfall deutlich. Verstarb ein Mitbruder oder dessen Ehefrau, hatten alle Schützenbrüder an der Beerdigung teilzunehmen. Das jüngste Mitglied hatte das Kreuz voran zu tragen. Andere Brüder trugen Fackeln und den Leichnam zum Grab. Aber auch die Teilnahme am Sechswochenamt war für die Schützen Pflicht. Der jeweilige Pfarrer oder in Vertretung der Lehrer führte das Sterberegister der Bruderschaft. Aber es gab auch ein festgelegtes Aufnahmeritual. Wollten junge Männer Mitglied in der Schützenbruderschaft werden, wurden ihnen zunächst die 22 Artikel der Statuten vorgelesen. Die Mitgliedskandidaten hatten diese per Ehrenwort anzuerkennen. Damit waren sie der Bruderschaft, wie es damals hieß, „einverleibt“. Sie waren somit Schützenbruder. Diese Neuaufnahmen wurden auch protokolliert. Auch hierfür war der jeweilige Pfarrer oder Lehrer zuständig.

Stiftungsvermögen von 1802

Im Jahr 1802 kam die Bruderschaft zu Grundbesitz. Es handelte sich um eine Fläche von 5 Morgen und 3 Ruten. Die Herkunft des Grundbesitzes ist nicht bekannt. Es gibt viele Vermutung über dieses Stiftungsvermögens. Man darf jedoch davon ausgehen, dass dieser Landbesitz aus fürstbischöflichem Besitz stammt und im Rahmen der Auflösung des Fürstbistums Paderborn zur Attelner Bruderschaft kam. Dieses Land sollte 175 Jahre später noch eine wichtige Rolle in der Geschichte unseres Dorfes spielen.

Mitglieder nicht nur aus Atteln, Krise im Jahr 1830

Die Johannes-Bruderschaft schöpfte ihre Mitglieder nicht nur aus Atteln. Vielmehr gehörten ihr auch Personen aus dem gesamten Kirchspiel, so aus Helmern, Henglarn und Husen an. Dennoch kam die Schützenbruderschaft in eine die Existenz bedrohende Krise. Hatten die Bruderschaft 1811 noch 88 Mitglieder, war die Zahl 1832 auf 30 gesunken. Das Ende schien sich abzuzeichnen. Schließlich hatte der Verein mit der Übernahme des Fürstbistums Paderborn durch das Königreich Preußen eine wichtige Aufgabe verloren: Den Schutz von Dorf und Kirche. Warum noch Mitglied werden und waren die Vorgaben noch auf der Höhe der Zeit? Erst auf Initiative von Pfarrer Franz Wilhelm Koch wurden der Bruderschaft neue Impulse gegeben. So überarbeitete er die Statuten von 1710 und fügte neue Artikel hinzu. Diese neue Satzung wurde von 41 Bewohnern durch Unterschrift bestätigt und die Bruderschaft gesichert. Das kirchliche und örtliche Brauchtum zu fördern war nun eine Aufgabe des Vereins.

Ein Gesangbuch für den Schützenkönig

Nachdem sich das Bruderschaftswesen in Atteln in den folgenden Jahren stabilisiert hatte, stiftete Pfarrer Koch 1844 aus seinem Einkünften eines neues Kleinod, welches der jeweilige Schützenkönig bei Auftritten an einer blauen Schleife zu tragen hatten. Diese Schleife wurde später durch eine silberne Kette ersetzt. Dieses Kleinod ist ein silbernes Kreuz, welches noch heute in der Königskette getragen wird. Die Vorderseite zeigt die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer. Darüber geschrieben: „Das ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören. Siehe das ist Gottes Sohn, welcher der Welt Sünde trägt. Joh.I.29“ Unter der Taufdarstellung ist zu lesen: „Also gebührtet es ihm, alle Gerechtigkeit zu erfüllen Matt.III.15“. Rund um die Darstellung steht am Rand die Inschrift: „Taufet sie im Nahmen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes. Matth..XXVIII.19. Auf der Rückseite hatte sich der Stifter verewigen lassen: „Herr Past. Koch. A – D 1844“. Der Schützenkönig erhielt bei seiner Königsproklamation seit 1844 neben dem zuvor beschriebenen Kleinod 20 Mark Königsgeld und ein mit einer Widmung versehenem Gesangbuch.

1844: König Friedrich-Wilhelm der IV. von Preußen Schützenkönig in Atteln

1802 ging das Fürstbistum Paderborn in den napoleonischen Kriegen unter. Unser Raum kam zunächst zum Königreich Preußen bevor es ein paar Jahre später dem neu geschaffenen Königreich Westfalen zugeschlagen wurde. Doch schon 1815 kam das alte Fürstentum Paderborn per Beschluss des Wiener Kongresses wieder zu Preußen. In dieser Zeit entstand die Tradition, das der Bürgermeister Attelns oder der Oberst (früher Capitain genannt) das Recht und auch die Pflicht hatten, den ersten Schuß für den Landesherrn abzugeben. So geschah es auch im Jahr 1844. Der Bürgermeister schoss und niemand traf besser. So war Friedrich Wilhelm IV. von Preußen Schützenkönig von Atteln. Der Vorstand der Bruderschaft meldete dieses mit Datum vom 8. Dezember 1844 dem König in Berlin. Nach vier Monaten antwortete der König von Preußen:
„An den Vorstand der St.-Johannis-Brüderschaft in Atteln, Kreises Büren. Auf die Anzeige vom 8-ten Dezember v. Jahres, daß beim letzten dortigen Scheibenschießen der beste Schuß für Mich gethan worden ist, empfängt die St.-Johannis-Brüderschaft die beigehende goldene Huldigungs-Medaille als ein Andenken an dieses Ereigniß“
Berlin, den 29. März 1845 Gez. Friedrich Wilhelm

Huldigungsmedaille

Diese goldene Medaille ist in einem Silberherz mit der Aufschrift: „Für die S. Bruderschaft in Atteln 1845 – Geschenk v. Sr. Maje. d. König Fried. Wilh. IV.“ Diese 30 mm große Goldmünze zeigt den Kopf des Königs mit der Überschrift: „ Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen“. Unter dem Bildnis steht: „Zur Huldigung – Berlin D 15 October 1840“. Auf der Rückseite mit dem preußischen Wappen sind in Latein die Worte „Suum cuique“ (deutsch: Jedem das Seine ) zu lesen.

200 – jähriges der Bruderschaft und die Zeit bis zum 2. Weltkrieg

Die folgenden 65 Jahre scheint sich das Vereinsleben ohne besondere Ereignisse in dem 1841 festgesetzen Rahmen bewegt zu haben. Doch zu Beginn des 20.Jahrhundert änderte sich dieses. Zunächst feierte die Schützenbruderschaft 1910 ihr 200- jähriges Bestehen. Festvorträge, Festhochamt und Festumzug am 6. Februar bildeten den Schwerpunkt dieser Feierlichkeiten. Doch plötzlich änderte sich im Vereinsleben des Dorf etwas: Die Bruderschaft bekam Konkurrenz, zum ersten Mal in ihrer Geschichte.